Reformen im Bodenrecht.


Straßenschild in Ouagadougou 1991 (übernommen aus einem Burkina-Blog)

Der Staat
Während der Kolonialherrschaft wurden per Dekret mehrfach unterschiedliche Verfahren zur Registrierung offizieller Bodenrechtstitel eingeführt. Auf dem Lande konnte aber niemand lesen und schreiben, die Dekrete wurden nicht zur Kenntnis genommen. Ebenfalls per Dekret und unbemerkt wurde 1955 das Gewohnheitsrecht wieder anerkannt, die Möglichkeit zur Registrierung blieb aber bestehen.
Nach der Unabhängigkeit blieb dieser Zustand des doppelten, unklaren und unbekannten Rechts bestehen. Der burkinische Staat versteht sich, als Rechtsnachfolger der Kolonialregierung, seit 1960 als Eigentümer aller Gebiete die nicht besiedelt sind oder für die kein registrierter Bodenrechtstitel besteht. Das Prinzip der Staatsdomäne (domaine foncier national) wurde von allen Regierungen seither bekräftigt.
1984 setzte die Regierung von Thomas Sankara eine Reform des Bodenrechts durch:die „Réorganisation Agraire et Foncière“ (RAF). Sie sollte die Bodenspekulation beenden und allen Burkinabé zu einer eigenen Wohnung verhelfen. Dafür schaffte die Regierung das Privateigentum an Land ab  und vereinheitlichte die städtischen Besitztitel (permis urbain d’habiter). Im Jahr 1985 musste niemand Miete zahlen, das eingesparte Geld sollte zum Ankauf einer eigenen Parzelle dienen. Geklappt hat das allerdings nicht. Auf dem Lande blieb es ohnehin bei der traditionellen Vergabe von Land durch die Erdherren was die RAF eigentlich ausdrücklich ausgeschlossen hatte.

Sankaras Nachfolger Compaoré hielt einerseits an der Staatsdomäne fest, führte jedoch andererseits, mit der 1. Reorganisation der RAF, 1991 das private Eigentum  wieder ein. Praktisch wurden damit auch die Erdherren rehabilitiert, ihnen aber kein Rechtsstatus zu gebilligt.
1995 kam es im Zuge der Dezentralisierung zur 2. Reorganisation der RAF, das Recht zur Landverteilung liegt nun bei den Kommunen. Eine Verteilungskommission (commission d’attribution)  sollte zunächst den Bedarf der Anwohner (résidents), ermitteln, diese erhielten unter dem „régime des terres urbaines“  einen offiziellen Besitztitel. 1996 regelte die 3. Reorganisation der RAF den  Zugang von Frauen zum Landbesitz und es wurde ein Fond gegründet der Frauen beim Landkauf unterstützen sollte. Im Zuge der Verwaltungsreform von 2001 wurde das Land in  351 Departements aufgeteilt deren Grenzen mit denen der namens gebenden Kommune identisch sind. Unter diesen gibt es 49 „Communes urbaines“  (2007, Garango gehört dazu). Dort, und nur dort, gilt nun die 4. Reorganisation der RAF, danach werden die résidents nicht mehr automatisch zu Besitzern des von ihnen bewohnten Landes.Sie erhalten nur ein provisorisches Nutzungs- und eine Art Vorkaufsrecht. Für einen endgültigen Besitztitel müssen sie erst eine „Inwertsetzung“ vornehmen und, natürlich, Gebühren zahlen. Im Mai 2008 wurde das Gesetz durch das Finanzministerium modifiziert, es trägt jetzt den Titel: Loi portant réorganisation agraire et foncière.
Im Dezember 2009 wurde die vorläufig letzte Kommission zur Verbesserung des Bodenrechts eingesetzt.
Neben der RAF gibt es aber noch das Rahmengesetz zur Weidewirtschaft (2002), das Gesetz zur Planungs-und Bauzeit (2006) und das Gesetz zur Sicherung des ländlichen Grundbesitzes (2007, novelliert am 16. Juni 2009). Neuere Entwicklungen zum Gesetz von2009 (engl.,pdf) .

Wenn Sie den Text bis hierher gelesen haben werden Sie die Haltung der Bauern verstehen: Für sie gibt es das Land (des Erdherren) und das Land des Bürgermeisters. Das Land wird zum Land des Bürgermeisters durch die Parzellierung.