Geschichte



Geschichte der Bissa I


Nédéga
Holzrelief von Jean-Luc Bambara


 Die Sage von Garango
In Gambaga (im heutigen Ghana) regierte einst der mächtige König Nédéga. Die Grenzen seines Reiches erstreckten sich über viele Länder und reichten bis "Yagui" (zum Ozean). Überall im Lande herrschte Wohlstand.  Alle Nachbarfürsten zahlten Tribut, denn sie fürchteten die Tapferkeit und Kühnheit von Nédégas Kriegern.

Das Heer wurde angeführt von des Königs Tochter, Yininga, d.h. "unter Schmerzen geboren".
Yiningas Ruhm hatte sich weit über die Grenzen des Landes verbreitet, sie war ihren Eltern ein und alles. Nédéga hatte viele Frauen und auch viele Kinder, Jungen und Mädchen. Aber unter all diesen Kindern liebte er doch Yininga am meisten, wegen ihrer kriegerischen Fähigkeiten und ihres kühnen Geistes. Er schätzte sie so sehr, dass er sich nicht vorstellen konnte, dass sie jemals heiratete. Yiningas Lieblingsbeschäftigungen waren Jagd und Krieg, und sie zeigte sich dabei so draufgängerisch, daß kein Mann je hoffen konnte sie für sich zu gewinnen.

Allerdings, ihre Mutter, Tallalou, war gar nicht zufrieden mit dem Leben ihrer Tochter.
Um sie auf den rechten Weg zu bringen legte sie ein großes Gombofeld an.

(Aus der Gombopflanze wird die Soße und Beilage zum To gewonnen, sie ist, neben Hirse und Erdnuss, die wichtigste Nahrungspflanze der Bissa)

Als die Zeit der Ernte gekommen war erntete sie das Feld ab und riss alle Pflanzen aus. Nur eine, die größte und schönste, blieb stehen. Yininga sah das und wunderte sich:"Warum?" fragte sie ihre Mutter. "Warum? Ja warum? Immer die Frage nach dem Warum. Warum bist Du nicht fruchtbar? Warum lebst Du nicht wie eine Frau? Warum
hast Du keinenMann und lebst bei ihm? Warum hast Du keine Kinder? Warum lebst Du noch bei deinen Eltern?"
war die Antwort.
 
Betroffen vom ständigen Tadel ihrer Mutter nahm Yininga schließlich ihren ganzen Mut zusammen und bat ihren
Vater um die Erlaubnis in die Welt hinaus ziehen zu dürfen, um sich selbst einen Mann zu suchen. Schweren
Herzens willigte Nédéga ein und traf alle Vorbereitungen für diese Fahrt ins Ungewisse. Unter den Tränen ihrer
Eltern und Freunde brach Yininga endlich auf, begleitet von zahlreichen Dienern, beladen mit Ausrüstung
und Vorräten, und einer großen Schar von Kriegern auf starken Pferden.Die Gruppe ritt Tag und Nacht, bis sie die Grenzen von Nédégas Reich erreichte.  Dahinter begann eine Kette von Abenteuern, die alle glücklich bestanden wurden.

Eines Abends rastete man am Ufer eines Flusses, zu Füßen eines wunderbaren, riesigen Baobab-Baumes. Erhitzt
vom langen Ritt äußerte Yininga den Wunsch zu baden. Ihre Begleiter zogen sich zurück und wandten sich ab. So bemerkten sie nicht den Jäger, der sich im Baobab versteckt hatte als er die Krieger kommen sah. Angespannt und voller Freude beobachtete er nun das Bad der schönen und eleganten Frau. Unwillkürlich rief er aus: "Bidiga"(etwa: Mutter meiner Kinder). Seit jener Zeit heißt die Gegend in der dies geschah, Bidiga.

Der Name des Jägers war Niyaré, das bedeutet "Der Mutige", also fasste er sich ein Herz, stieg herab von seinem Baum und näherte sich Yininga. Als die Krieger das sahen, stürmten sie herbei, nahmen ihn fest und fragten was er hier zu suchen hätte. Niyaré erklärte, er sei Jäger und wohne ganz in der Nähe. Da fragten nun die Krieger nach einer Unterkunft für ihre Herrin. Darum  mussten sie nicht lange bitten, Niyaré führte die ganze Truppe zu seiner Hütte, nahe bei einem Hügel und  sagte "Mêgnon ka." (ruhet hier). Heute trägt der Hügel den Namen Mêgnon, das bedeutet Ruhe und Erholung.

(Dieser Hügel ist die kleinere der beiden Boulgou Kuppen, von Garango aus, der linke Hügel.)

Dort bereitete er seinem Gast einen besonders warmen und herzlichen Empfang. Er tischte viel frisches und verschiedenes Wildbret auf, denn die Gegend war reich an jagdbaren Tieren. An den folgenden Tagen zog er immer wieder hinaus, um zu jagen und Yiningas Krieger zogen mit ihm. Im Laufe der Zeit wurden Yininga und Niyaré immer vetrauter und schließlich willigte Yininga ein zu heiraten. Außer sich vor Freude schwor Niyaré die Jagd aufzugeben
und sich nur noch seiner Frau zu widmen. Als am nächsten Morgen die Krieger, wie gewöhnlich, kamen, um ihn zur Jagd zu begleiten, erklärte er :     "GARGO"  - die Jagd ist zu Ende.

Yiningas Gefolge ließ sich nun fest nieder und gründete ein Dorf zu Füßen des Mêgnon und des Boulgou. Aus "gargo" wurde Garango. Das Dorf vergrößerte sich und die Bevölkerung wuchs. Yininga und Niyaré hatten viele Söhne, die zogen aus und gründeten neue Dörfer: Bargasgho, Bougoula, Boura, Gaangla, ....

Als Niyaré gestorben war, versammelten sich die Ältesten, um einen neuen "gutaré" zu wählen. Die Struktur der Chefferie gab es damals noch nicht. Vielmehr wurde eine Gemeinschaft regiert vom Rat der Ältesten. Den Vorsitz  führte der "gutaré", der aus der Mitte des Rates gewählt wurde. Der Rat regelte alle Probleme der Gemeinschaft,
er schlichtete Konflikte und bestrafte Übeltäter. In besonderen Fällen konnte er sogar die Todesstrafe aussprechen.

Nun also versammelte sich dieser Rat, aber ausgerechnet das älteste und würdigste Mitglied fehlte. Man fragte
herum und erhielt die Antwort, er sei "a ta garma", auf der anderen Seite. Und tatsächlich fand man ihn auf der anderen Seite des Mêgnon. Er hatte sich dort eine Hütte gebaut, denn die Gegend war wildreich und fruchtbar, und er war nicht bereit nach Garango zurückzukehren. Wann immer man seinen Rat brauchte mußte die ganze Versammmlung nach "Tangaré" ziehen, so nannte man das "A ta garma". Als man ihm das Amt des gutaré antrug lehnte er ab, die Bürde sei zu groß für ihn. Er bestimmte, daß Diigri, der Patriarch von Gaangla, seinen Platz einnehmen sollte. So entstand die Institution des Naaba der Bissa.

erzählt von Alphonse Bambara                übersetzt von Helmut Pohl

Anmerkung des Übersetzers:
Der erste Teil der Sage unterscheidet sich nur wenig von der Sage der Landnahme der Mossi:
Dort war Nédéga König der Dagomba, Nankama und Mamprusi und beherrschte den größten Teil des heutigen Ghana. Der Name seiner Tochter war Yenega. Ihr späterer Mann hieß Riare und war auf der Flucht vor seinem Vater, einem König der Ureinwohner, der ihn verstoßen hatte. Sein einziger Besitz war eine starke weiße Stute: Ouedraogo. Nach diesem Pferd benannten sie ihren ersten Sohn. Ouedraogo gründete dann, mit Unterstützung eines Dagomba Heeres, das Kaiserreich der Mossi. In " Garango die Jagd ist zu Ende" wird daher eine andere Sage erzählt.
 In der Literatur wird 1850 als Jahr der ersten Inthronisation eines Naaba genannt ( s. Jörg-Stefan Gabriel Diss.)